(kunid) Mit einem nachdrücklichen „Ja!“ bekräftigte Fiskalrats-Chef Christoph Badelt die Frage: „Wird der nächste Finanzminister mit einem Sparpaket starten müssen?“
Es geht um nichts weniger als die Wiederherstellung der Krisenresilienz in einem anhaltend unsicheren Umfeld: Das Budgetdefizit 2024 wird laut Fiskalrat bei 3,4 % des BIP und damit deutlich über der Maastricht-Grenze liegen. Über den gesamten Prognosezeitraum bis 2028 wird von einer Überschreitung der Defizitobergrenze von 3 % des BIP ausgegangen.
Dies sei bedingt durch einen starken Ausgabenanstieg. Konkret belasten überdies weiterhin bestehende Teuerungs-Entlastungsmaßnahmen von 3,7 MrdE, weitere Steuersenkungen im Rahmen der ökosozialen Steuerreform über 1,8 MrdE und ein Anstieg der Zinsausgaben mit 1,4 MrdE den öffentlichen Haushalt im Jahr 2024. Zusätzlich bestehen erhebliche Budgetrisiken durch geplante „Wahlzuckerl“ im Vorfeld der Nationalratswahl.
Auf Gegenfinanzierung „vergessen“Die ohne Gegenfinanzierung umgesetzte Abschaffung der kalten Progression machen nun die bestehenden Budgetprobleme überdeutlich sichtbar. Badelt: „Das Defizit ist persistent und geht nicht von selbst weg.“
Als Beispiel führte er zwei Maßnahmen an, die wohl in den parlamentarischen Juli-Sitzungen beschlossen werden: Ein Agrarpaket über 300 MioE und ein Gesetz zur Gemeindeinvestitionsförderung, das 920 MioE betragen soll. Beiden Beschlüssen ist gemeinsam, dass sie nicht gegenfinanziert sein werden.
Um unter die 3 % „BIP-Defizit“ zu wandern, dürften keine zusätzlichen neuen Ausgaben mehr beschlossen werden, auch müsste man in den nächsten vier Jahren jährlich 2,5 MrdE im Budget einsparen.
Steigende Schuldenquote prognostiziert
Gleichzeitig erwartet der Fiskalrat einen kontinuierlichen Anstieg der Schuldenquote von 77,8 % im Jahr 2023 auf 82,4 % des BIP im Jahr 2028.
Eine Budgetkonsolidierung sei gemäß Badelt somit unerlässlich, um fiskalpolitischen Handlungsspielraum zurückzugewinnen und die Krisenresilienz des öffentlichen Haushalts wieder herzustellen.
So sollte ein umfassender Konsolidierungsplan in den nationalen Fiskalstrukturplan übergeleitet werden, der grundsätzlich im Herbst – spätestens aber nach Bildung einer neuen Bundesregierung – an die Europäische Kommission gesendet werden muss.
Zur Lösung des Nachhaltigkeitsproblems der öffentlichen Finanzen, das insbesondere durch die alterungsbedingte Ausgabendynamik in den Bereichen Gesundheit, Pflege und Pensionen zusehends entsteht, seien „endlich“ Strukturreformen in diesen gebietskörperschaftsübergreifenden Aufgabenbereichen umzusetzen. Eine Anhebung des effektiven Pensionsantrittsalters sei wohl unerlässlich.
Apropos Kommunen
Die verbesserte Koordination zwischen Bund, Ländern und Gemeinden im Förderwesen zur Vermeidung unerwünschter Doppelförderungen und zur Reduktion von Mitnahmeeffekten wäre ein wichtiger Anknüpfungspunkt.
Diesbezüglich macht allerdings eine nur wenig später veröffentlichte Meldung wenig Hoffnung: Demnach bleibe die – trotz zusätzlicher Mittel aus dem Finanzausgleich 2024 und dem neuen Gemeindepaket – finanzielle Lage vieler Gemeinden in Österreich prekär: Bis zu 40 % der Gemeinden können ihre laufenden Ausgaben nicht aus eigener Kraft decken.
Gleichen Tages mit der Fiskalrats-Pressekonferenz eröffnete die EU-Kommission ein Defizitverfahren gegen sieben Länder – namentlich Frankreich, Italien, Belgien, Polen, Ungarn, die Slowakei und Malta.
Neuer EU-FiskalrahmenBadelt sieht die Situation gerade noch glimpflich für Österreich ausgegangen: „Bei uns herrscht ein großer Konsolidierungsbedarf im Hinblick auf den neuen EU-Fiskalrahmen.“
Außerdem schrieb der Fiskalrats-Chef den „wahlwerbenden Parteien ins Stammbuch: Ihr werdet eure Wahlzuckerln alle nicht einhalten können!“ Denn: Nach der Wahl werde es den unheilschwangeren Kassensturz geben, „dann werden wir alle sehen, welche zukünftigen Ausgaben wir überhaupt noch finanzieren werden können.“ Der zukünftige Finanzminister – gleich welcher Couleur dieser angehören wird – sei also schon von Anfang an gefordert.