Inwieweit ein Skipistenbetreiber für einen Personenschaden, den sich ein Skifahrer auf der Piste nach einem Unfall zuzieht, haften muss, hatte jüngst ein Gericht zu klären.

21.3.2016 (kunid) In einer aktuellen Entscheidung musste sich der Oberste Gerichtshof (OGH) mit einem Unfall auseinandersetzen, bei dem 2011 ein Skifahrer tödlich verunglückte. Die Entscheidung zeigt, dass auch ein Skipistenhalter unter bestimmten Umständen für Unfälle und den daraus folgenden Schäden haften muss.

Ein Skifahrer war 2011 auf einer circa 60 Meter breiten Piste, die mittelschwer eingestuft ist, tödlich verunfallt. Talseitig mündet die Piste in einen quer verlaufenden schmalen Skiweg. Für einen aufmerksamen Skifahrer ist aus 180 Metern Entfernung erkennbar, dass eine Richtungsänderung nach links bevorsteht. Das volle Ausmaß dieser Richtungsänderung – mehr als 90 Grad – ist jedoch nicht vorhersehbar.

Rechts, talseitig des Skiwegs befindet sich eine Steilböschung mit 83-Prozent-Gefälle, an deren Fuß mehrere Bäume stehen. Der talseitige Rand des Skiwegs war zum Unfallzeitpunkt durch Stangen und ein dazwischengespanntes Absperrband abgesichert. Der Verunglückte kannte das Skigebiet und die Pistenführung. Er trug einen Helm und fuhr die Piste mit etwa 60 bis 65 Stundenkilometern in großen Carvingschwüngen ab.

Hinterbliebene klagten gegen Pistenbetreiber

Im Bereich einer Linkskurve verkantete er, verlor das Gleichgewicht und schlug mit der Schulter auf, ehe er vom Sturzpunkt in der Mitte des Skiwegs über den talseitigen Pistenrand hinausgeriet und gegen eine Baumgruppe prallte. Dabei erlitt er tödliche Kopfverletzungen. Warntafeln oder „Slow-Langsam-Banner“ waren im Unfallbereich nicht aufgestellt. Die Witwe und die Kinder des Verstorbenen verklagten den Pistenhalter gerichtlich auf Schadenersatz auf die bereits erlittenen und alle künftigen Schäden aus dem Skiunfall.

Sie argumentierten, der Pistenhalter habe seine vertragliche Pistensicherungspflicht verletzt. Das an den Pistenrand anschließende, sehr stark zu einer Baumgruppe abfallende Gelände bilde selbst für einen umsichtigen Skifahrer eine beträchtliche Gefahrenquelle – der Pistenhalter hätte die Absturzstelle durch ein Fangnetz absichern müssen. Der Pistenhalter bestritt jegliche Haftung. Abfahrt und Skiweg hätten beim Befahren keine Schwierigkeiten aufgewiesen; das an die Piste anschließende Gelände samt Bäumen sei leicht erkennbar gewesen, so sein Argument.

Die Verpflichtung zur Errichtung eines Fangzauns habe unter diesen Umständen nicht bestanden. Die aufgestellten Signalstangen mit dem dazwischengespannten Band samt Signalfähnchen hätten nur Signal- und keine Sicherungsfunktion gehabt. Die Kärntner Pistengütesiegel-Kommission habe vor, aber auch nach dem Unfall eine Sicherungspflicht verneint. Der Unfall sei auf die überhöhte Geschwindigkeit und einen Fahrfehler zurückzuführen. So die weiteren Ausführungen des Pistenhalters.

Oberster Gerichtshof musste entscheiden

Nachdem der Fall durch mehrere Instanzen lief, traf letztendlich der Oberste Gerichtshof (OGH) die endgültige Entscheidung (2Ob186/15i). Ein Pistenhalter muss laut OGH nur atypische Gefahren sichern, also solche, die unter Bedachtnahme auf das Erscheinungsbild und den angekündigten Schwierigkeitsgrad der Piste „auch für einen verantwortungsbewussten Skifahrer unerwartet oder schwer abwendbar“ sind. Dies betreffe vor allem Hindernisse, die ein Skifahrer nicht ohne Weiteres erkennen oder trotz Erkennbarkeit nur schwer vermeiden kann.

Die Verpflichtung zur Pistensicherung erstrecke sich nach ständiger Rechtsprechung auch auf den Pistenrand, weil mit dem Sturz eines Skifahrers über den Pistenrand hinaus jederzeit, also auch bei mäßiger Geschwindigkeit, gerechnet werden müsse. Atypische Gefahrenquellen seien daher auch dann zu sichern, wenn sie sich knapp neben der Piste befinden. Bei Skipisten, die bis auf wenige Meter an abbrechende Felsen, Steilflanken oder ähnliche Geländeformationen heranführen, seien „eben wegen dieser jederzeitigen Sturzgefahr geeignete Schutzmaßnahmen zu treffen“.

Im vorliegenden Fall habe die Piste im Bereich der Linkskurve an eine steile Böschung herangeführt, an deren Fuß mehrere Bäume stehen. Allerdings sei die Kurve schon aus ausreichender Entfernung gut erkennbar gewesen, ebenso der bewaldete Abhang, der die talseitige Pistenbegrenzung des querenden Skiwegs bildet. Der Pistenrand sei durch ein Absperrband mit farbigen Fähnchen gekennzeichnet und das Gelände dem Unfallopfer überdies bekannt gewesen.

Zur Reichweite der Randsicherungspflicht

Der OGH verwies in dem Zusammenhang auf eine frühere OGH-Entscheidung (1Ob41/00m), wo unter ähnlichen Voraussetzungen „die Verneinung einer Verletzung der Sicherungspflicht gebilligt“ worden sei. Dort sei aber betont worden, dass eine Randsicherung ausnahmsweise dann geboten sein könne, wenn auch für einen verantwortungsvollen Benützer eine besonders große Gefahr einer erheblichen Verletzung infolge Abstürzens oder Abrutschens bestehe, zum Beispiel in gefährlichen Kurven oder bei Steilabbrüchen.

Böschungen mit einem Neigungswinkel von dort 72 Prozent, bei denen die Skipiste kein zusätzliches Gefahrenmoment wie etwa eine scharfe, nach außen hängende Kurve aufweise, müssten daher in der Regel nicht durch Fangnetze oder Ähnliches gesichert werden. Im vorliegenden Fall müsse aber im Unfallbereich eine scharfe und laut Sachverständigen „deutlich“ nach außen hängende Kurve mit sehr starker Richtungsänderung durchfahren werden.

Die relative Steilheit des Geländes vor der Einmündung in den Skiweg bringe zudem entsprechend hohe Fahrgeschwindigkeiten mit sich, „sodass bei einem Fahrfehler (Verkanten) auch für den verantwortungsvollen Skifahrer ungeachtet der Wahrnehmbarkeit des Pistenrandes die – wie auch die Folgeunfälle zeigen – Gefahr des Absturzes über den ungesicherten Abhang mit drastischen Folgen besteht“.

Pistenhalter zur Sicherung der Unfallstelle verpflichtet

Unter den konkreten Umständen sei der Pistenhalter daher zur Sicherung der Unfallstelle verpflichtet, ohne dass dadurch die Sorgfaltspflicht überspannt worden wäre, so der OGH. Der Pistenhalter habe den ihm „infolge des durch den Kauf einer Liftkarte begründeten Vertragsverhältnisses nach Paragraf 1298 ABGB (Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch) obliegenden Beweis“, dass ihm die Verletzung der Verkehrssicherungs-Pflicht nicht als Verschulden vorwerfbar wäre, nicht erbracht.

Soweit er sich in erster Instanz noch auf die entlastende Beurteilung einer Pistenregulierungs-Kommission berufen habe, „wäre eine solche nicht entscheidend“, unterliege doch der Pistenhalter selbst dem Sorgfaltsmaßstab des Paragraf 1299 ABGB, nach welchem dieser „die gebotenen Sicherungsmaßnahmen erkennen hätte müssen“. Nach ständiger Rechtsprechung seien selbst auf fahrtechnische Fehler zurückzuführende Stürze von Skiläufern noch nicht rechtlich vorwerfbar.

Dem Skifahrer könne aber ein dem Sturz vorausgegangenes vermeidbares Fehlverhalten zur Last fallen, „das den Sturz herbeigeführt hat und deshalb als einleitende Fahrlässigkeit zu beurteilen ist“. „Beweist der Schädiger einen Verstoß des Geschädigten aufgrund eines fahrtechnischen Fehlers – also einen typischen, Sorglosigkeit gegenüber eigenen Rechtsgütern indizierenden Geschehnisablauf –, ist damit prima facie auch der für die Annahme eines Mitverschuldens erforderliche Sorgfaltsverstoß bewiesen …“, so der OHG.

Verschuldensteilung gerechtfertigt

Angesichts dieser Rechtsprechung habe das Erstgericht „in der Einhaltung einer der Gefahrensituation nicht angepassten überhöhten Geschwindigkeit von circa 60 bis 65 Stundenkilometern, welche die Wahrscheinlichkeit des Verkantens erhöht und das Abrutschen über den Pistenrand hinaus bewirkt habe“, ein gleichteiliges Mitverschulden des Verunglückten erkannt.

Die Abwägung des beiderseitigen Fehlverhaltens rechtfertigt die vom Erstgericht angenommene Verschuldensteilung im Verhältnis von 1:1, so der OGH.

Demnach muss also auch der Skipistenhalter für die Hälfte der Schäden haften.

Eigene Hinterbliebenen-Absicherung ist wichtig

Der Fall zeigt, dass nicht immer ein Dritter für den kompletten finanziellen Schaden aufkommt, wenn jemand verunfallt.

Gerade ein Todesfall eines Partners und/oder Elternteils kann neben dem persönlichen Verlust und der Trauer oftmals auch direkte finanzielle Auswirkungen haben, wenn beispielsweise das Einkommen des Verstorbenen wegfällt oder eine zusätzliche Betreuung für die Kinder notwendig ist. Eine private Hinterbliebenen-Absicherung hilft, zumindest die finanziellen Sorgen zu mildern.

Eine der günstigsten Hinterbliebenen-Absicherungen ist die Ablebens-Versicherung. Sie zahlt an die Hinterbliebenen beziehungsweise an die im Vertrag festgelegte Person im Todesfall die vereinbarte Versicherungssumme.