(kunid) Trotz robuster Wachstumsraten der Weltwirtschaft dürfte die Zahl der Unternehmenspleiten im Jahr 2022 um ein Drittel steigen. Das ist das Ergebnis einer Studie des Kreditversicherers Atradius.

Der Kreditversicherer Atradius erwartet, dass die Insolvenzen in den meisten Märkten im Gesamtjahr 2022 deutlich zunehmen werden. 2021 werden die weltweiten Insolvenzen voraussichtlich einen leichten Rückgang von 1 % gegenüber dem Vorjahr aufweisen, gefolgt von einem starken Anstieg von 33 % im kommenden Jahr.

„Mit dem Ende staatlicher Stützungsmaßnahmen und dem in Teilen künstlichen Erhalt von Unternehmen wird die Zahl der Insolvenzen wieder auf ein normales Niveau steigen,“ sagt Franz Maier, Generaldirektor Österreich, Ungarn und Südosteuropa von Atradius.

Heuer dürfte die Zahl der Insolvenzen aufgrund der erweiterten fiskalischen Unterstützung in vielen Märkten sowie auch teilweise bedingt durch die Fortsetzung der Insolvenzrechtsänderungen niedrig bleiben.

Was sich bald ändern wird

Bis Ende 2022 wird dagegen erwartet, dass die Insolvenzen in den meisten beobachteten Märkten im Vergleich zum Vor-Pandemie-Niveau höher sein werden. Damit kehren wir zur Normalität bei den Insolvenzen zurück, verstärkt noch durch einen bestimmten Anteil an Unternehmen, die 2020 vor der Insolvenz gerettet wurden. Teilweise wird auch eine langsamere wirtschaftliche Erholung zu höheren Insolvenzen beitragen.

Drei Faktoren werden die Zahl der Insolvenzen im kommenden Jahr nach Einschätzung von Atradius im Wesentlichen nach oben treiben: Erstens gibt es eine verzögerte Wirkung von Insolvenzen, die unter normalen Umständen – kein Fiskalpaket, keine Insolvenzmoratorien – schon 2020 eingetreten wären.

Zweitens verursacht das Auslaufen der fiskalischen Unterstützungen nach und nach einen Anstieg der Insolvenzen. Dies dürfte grundsätzlich zu einem „normalen Niveau“ zurückführen, ähnlich wie in der Zeit vor der Pandemie.

Der dritte Faktor ist der Effekt der wirtschaftlichen Entwicklung. Aus historischen Zusammenhängen ist bekannt, dass Insolvenzen in expansiven Konjunkturzyklen im Allgemeinen abnehmen, und zunehmen, wenn sich das Wachstum verlangsamt oder sogar zurückgeht.

Europa und die Welt

Auf regionaler Ebene erwartet Atradius in diesem Jahr einen Anstieg der Insolvenzen in Europa, während der Trend in Nordamerika und im asiatisch-pazifischen Raum weiterhin rückläufig sein wird.

In Nordamerika sind die Insolvenzen aufgrund der starken fiskalischen Unterstützung durch die USA und einer robusten Wirtschaftserholung immer noch sehr gering. Auch im asiatisch-pazifischen Raum wird die fiskalische Unterstützung relativ lange aufrechterhalten. 2022 werden die Insolvenzen in allen drei Regionen zunehmen, wobei der höchste Anstieg im asiatisch-pazifischen Raum erwartet wird und etwas geringere Zunahmen in Europa und Nordamerika erwartet werden.

Während der Anstieg im asiatisch-pazifischen Raum 2021 von einer niedrigen Basis ausgeht, wird der Anstieg in Nordamerika durch das relativ starke US-Wachstum begrenzt. In Europa dürften die Insolvenzen im zweiten Jahr in Folge zunehmen.

Länder mit einem Insolvenzanstieg

Betrachtet man die Prognosen für 2021 und 2022 auf Länderebene, ist erkennbar, dass bis 2022 das Insolvenzniveau im Vergleich zum Vor-Pandemie-Niveau erhöht sein wird.

Die Kombination aus verzögerten Insolvenzen ab 2020, der Rückkehr der Insolvenzen auf ein „normales Niveau“ beim Auslaufen der fiskalischen Unterstützung und der Auswirkung des BIP-Wachstums auf die Insolvenzen führen in den meisten beobachteten Märkten zu einem Insolvenzanstieg.

Diese dürften in Italien (plus 34 %), im Vereinigten Königreich (plus 33 %) und in Australien (plus 33 %) im Vergleich zum Vor-Pandemie-Niveau am höchsten sein. Für die Vereinigten Staaten erwartet Atradius für 2022 ein um 6 % höheres Insolvenzniveau als 2019.

Länder mit stabiler und rückläufiger Insolvenzentwicklung

Dagegen weisen einige Länder bis 2022 eine vergleichsweise stabile Insolvenzentwicklung auf. Beispiele dafür sind Deutschland (+ 2 %) und in geringerem Maße auch Schweden (+ 3 %) und Japan (+ 4 %). In diesen Märkten normalisiert sich das Insolvenzniveau trotz der Pandemie mehr oder weniger.

Nach 2022 geht man davon aus, dass die Insolvenzen wieder zurückgehen oder konstant bleiben. Denn die Insolvenzquoten werden sich weitgehend normalisiert haben und sogenannte „Zombiefirmen“, die ohne Unterstützung nicht überleben können, sind bereits bankrott.