(kunid) Ein aktuelles Urteil zeigt, dass jeder Skifahrer mit typischen Risiken, die auf einer Skipiste vorhanden sein können, rechnen muss. Denn auch die Haftung eines Skipistenbetreibers ist beschränkt. Nach einer Entscheidung (9Ob50/16t) des Obersten Gerichtshofes gilt: „Die den Pistenhalter treffende Pflicht zur Sicherung der Piste bedeutet nicht die Verpflichtung, den Skifahrer vor jeder möglichen Gefahr zu schützen, die ihm von der Piste her droht …“

Eine Skifahrerin war auf einer Skipiste gestürzt, rutschte am Hang ab und prallte schräg gegen den am Pistenrand aufgestellten Windzaun. Ihr Anorak verfing sich dabei an einer Holzfaser des vom Pistenhalter aufgestellten Windzauns, dadurch splitterte Holz ab und verletzte die Skifahrerin. Die Frau forderte vom Skipistenhalter einen Schadenersatz für den von ihr erlittenen Schaden. Der Fall ging letztendlich vor dem Obersten Gerichtshof (OGH).

Zur Reichweite der Pistensicherungspflicht

Während der Gerichtsverhandlung ging es um die Frage, ob der Pistenhalter für den erlittenen Schaden haften muss. „Künstlich geschaffene Hindernisse und Gefahrenquellen sind zu entfernen oder doch so kenntlich zu machen, dass sie für den vernünftigen Durchschnittsfahrer auch bei schlechten Sichtverhältnissen keine besondere Gefahr bilden“, hielt das Höchstgericht unter anderem fest.

Für die Art und den Umfang der Pistensicherungspflicht sei „das Gesamtverhältnis zwischen der Größe und der Wahrscheinlichkeit der atypischen Gefahr sowie ihrer Abwendbarkeit einerseits durch das Gesamtverhalten eines verantwortungsbewussten Benützers der Piste und andererseits durch den Pistenhalter mit nach der Verkehrsauffassung adäquaten Mitteln maßgebend“.

„Nach einhelliger Auffassung sind nur atypische Gefahren zu sichern, also solche Hindernisse, die der Skifahrer nicht ohne Weiteres erkennen kann, und solche, die er trotz Erkennbarkeit nur schwer vermeiden kann“, führte der OGH aus. „Atypisch ist eine Gefahr, die unter Bedachtnahme auf das Erscheinungsbild und den angekündigten Schwierigkeitsgrad der Piste auch für einen verantwortungsbewussten Skifahrer unerwartet oder schwer abwendbar ist“, heißt es in der Entscheidung weiter.

Vollkommene Verkehrssicherung nicht erreichbar

Auch die Zumutbarkeit spielt eine Rolle: Der Pistenhalter müsse den Skifahrer nämlich nicht „vor jeder möglichen Gefahr“ schützen, „würde doch eine solche Forderung dem Pistenhalter unerträgliche Lasten aufbürden“. Eine vollkommene Verkehrssicherung sei „weder auf Skipisten noch sonst wo“ zu erreichen. Ob der Pistensicherungspflicht Genüge getan wurde, hänge von den besonderen Umständen jedes einzelnen Falls ab.

Eine für alle Eventualitäten gültige Regel, wann ein Hindernis überhaupt vollständig zu entfernen oder eine bestimmte Absicherungsmaßnahme ausreichend ist, lasse sich nicht aufstellen. Im Zusammenhang mit Paragraf 1319 ABGB (Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch), einem Gesetz, das die Schadenverursachung durch ein Bauwerk reglementiert, stellte der OGH fest: Erforderlich seien jene Schutzvorkehrungen und Kontrollmaßnahmen, die „vernünftigerweise nach der Verkehrsauffassung erwartet werden können“.

Voraussetzung für die Haftung des Besitzers sei „die Erkennbarkeit oder doch die Vorhersehbarkeit der Gefahr“. Das Maß der Zumutbarkeit geeigneter Vorkehrungen gegen den Schadenseintritt richte sich immer nach den Umständen des Einzelfalls.

Windzaun kein atypisches Risiko

Der zur Gewährleistung der Schneelage auch bei Seitenwinden dienende Windzaun war laut den Feststellungen „von Weitem sichtbar und gut erkennbar und stellte daher kein atypisches Risiko dar“.

Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Unfall auf eine Verkettung unglücklicher Umstände – schräger Aufprall, Verfangen des Anoraks an einer wenige Millimeter vorstehenden Holzfaser, Absplittern des Holzes aufgrund der Wucht des Aufpralls und aufgrund Verschiebung der Holzfaserstruktur wegen eines „Astes“ – zurückzuführen ist, mit der vom Pistenhalter nicht gerechnet werden konnte, sei „nicht korrekturbedürftig“.

Die Haftung des Pistenhalters sei daher von den Vorinstanzen sowohl unter Berücksichtigung allgemeiner Verkehrssicherungs-Pflichten als auch nach Paragraf 1319 ABGB „vertretbar verneint“ worden. Die OGH-Entscheidung 9Ob50/16t ist im vollständigen Wortlaut im Rechtsinformations-System des Bundes abrufbar.

Finanzielle Unfallfolgen absichern

Wie der Fall zeigt, haftet nicht immer ein anderer für einen erlittenen Unfallschaden. Damit zumindest die finanziellen Folgen, die sich aus einer unfallbedingten längeren Arbeitsunfähigkeit oder dauerhaften Erwerbsunfähigkeit ergeben können, abgedeckt sind, ist es für jeden Einzelnen sinnvoll, sich privat zu versichern.

Denn in vielen Fällen reicht die gesetzliche Absicherung durch die gesetzliche Kranken- und Pensionsversicherung nicht aus, um beispielsweise die durch die Unfallfolgen verursachten Einkommenseinbußen auszugleichen.

Zudem können auch Zusatzkosten entstehen, die die gesetzlichen Sozialversicherungen gar nicht oder nur zum kleinen Teil übernehmen, beispielsweise, wenn aufgrund eines Unfalles eine dauerhafte Invalidität besteht und ein behindertengerechter Wohnungsumbau notwendig ist. Die Versicherungswirtschaft bietet hierzu diverse Lösungen wie eine private Unfall- und/oder Berufsunfähigkeits-Versicherung an.