(kunid) Bei der Berufsunfähigkeit handelt es sich um ein Risiko, das nur teilweise durch eine öffentliche Versicherung gedeckt ist. Gerade für junge, aufstrebende Personen ist die Gefahr einer Einkommenslücke sehr groß, da diese erst sehr spät in ihrer Karriere wirklich gut verdienen, der Staat im Unglücksfalle diesen zu erwartenden Einkommenssprung aber nicht berücksichtigt.
Eine Versicherung gegen Berufsunfähigkeit gehört in Österreich (noch) nicht zum Standard, wie eine aktuelle Studie des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO) im Auftrag des Versicherungsverbandes Österreich (VVO) zeigt.
Konkret hat gegenwärtig nur jeder 25. beschäftigte Österreicher eine private Berufsunfähigkeitsversicherung. Diese vier Prozent nehmen sich äußerst schmal gegenüber den Zahlen in Deutschland bzw. in den USA aus: dort haben jeweils ein Drittel mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung vorgesorgt.
Die Einkommenslücke ist eine Altersfrage
Berufsunfähigkeitsversicherungen springen grundsätzlich ein, wenn eine Person aufgrund eines Unfalls oder einer Krankheit seiner beruflichen Tätigkeit nicht mehr nachkommen kann. Die heimische Statistik sieht diesen Fall bei den unter 25-jährigen für Einen unter 10.000 Personen gegeben. Bei den 45-Jährigen hingegen sind schon 14 Personen im 10.000er-Schnitt betroffen, bei den 60-Jährigen gar 110 aus dem 10.000er-Sample.
Laut WIFO-Studienautor Thomas Url verlieren Männer mit 25 Jahren bei Berufsunfähigkeit – so sie nicht versichert sind – von einem Drittel bis zur Hälfte ihres künftig noch zu erwartenden Nettolebenseinkommens. Die Entgangspanne bewegt sich bei gleich alten Frauen in einem leicht nach unten verschobenem Spektrum.
Die gegenständliche Studie belegt klar: Je älter man wird, desto mehr nimmt die hypothetische Einkommenslücke durch eine Berufsunfähigkeit ab. Bei 60-jährigen Männern schwankt diese zwischen sechs und zehn Prozent, bei Frauen zwischen acht und elf Prozent, so Url.
An wen sich eine Berufsunfähigkeitsversicherung insbesondere richtet
Welcher Personenkreis müsste sich aber durch das Sicherheitsversprechen einer Berufsunfähigkeitsversicherung vor allem angesprochen fühlen?
Für Studienautor Url sind insbesondere „junge, gut ausgebildete Menschen, denen potenziell eine große Karriere bevorsteht, wie Akademiker oder technische Fachkräfte“ Adressaten einer Berufsunfähigkeitsversicherung.
Grundsätzlich springt der Staat im Falle einer Berufsunfähigkeit mit 70 % des Letzteinkommens ein. Gerade den oben Beschriebenen müsste das sauer aufstoßen, zumal deren Einkommenskurve erst später in ihrer Berufskarriere deutlicher nach oben ausschlägt.
Bei einer staatlichen Auszahlung könne sich solcherart eine Einkommenslücke von 30 bis 50 % ergeben, so Url, weil eben der Staat nur das aktuelle Einkommen berücksichtigt, und nicht das künftig zu erwartende. Kurzum: Es wird so getan, als bliebe das Einkommen gleich.
Prämienaufkommen in Österreich
Im Jahre 2017 wurden in Österreich aus Berufsunfähigkeitsversicherungen knapp 30 Mio€ an Prämien eingenommen, aufgeteilt auf rund 60.000 Verträge. So errechnet sich im Durchschnitt eine Jahresprämie von 500 €.
Ein Jahr zuvor waren es erst 22 Mio€ Prämien aus knapp mehr als 40.000 Versicherungsverträgen. Ein deutlicher Nachfrage-Trend ist somit auszumachen.
Und was die Versicherungssumme betrifft: Diese stieg zuletzt von 2,05 auf 2,37 Mrd€.
„Deutsche Verhältnisse“
Warum aber versichern sich in Deutschland relativ mehr Menschen gegen Berufsunfähigkeit? Die Antwort ist der dortige Sozialstaat – grob gesprochen gibt es im Nachbarland keinen staatlichen Schutz mehr für Jüngere, weil: Im Jahr 2001 wurde die Berufsunfähigkeitsrente für jene abgeschafft, die nach dem Jahr 1961 das Licht der Welt erblickten. Anstelle der Berufsunfähigkeitsrente wurde Anfang der Nuller-Jahre die sogenannte Erwerbsminderungsrente gesetzt. Diese sieht aber freilich keinen „Berufsschutz“ mehr vor.
Was passiert in Deutschland also, wenn jemand – etwa wegen eines Unfalls – seinen angestammten Beruf nicht mehr ausüben kann? Das Gesetz schreibt in Deutschland vor, dass diese Person in eine andere Branche zu wechseln hat – selbst wenn der Job als „untergeordnet“ dem bisherigen anzusehen ist. Eine Erwerbsminderungsrente kommt jedenfalls überhaupt nur mehr in Betracht, wenn für diese Person gar nicht (oder kaum) mehr Teilhabe am Berufsleben möglich ist. Nachsatz: Hier gibt es deutliche Abstufungen bei den Bezügen.
Nach all dem Beschriebenen leuchtet ein, warum auch Versicherungsberater ihren Kunden stark zum Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung raten.