(kunid) Der neue Energiewende-Index von World Economic Forum (WEF) und McKinsey sieht Österreich besser als Deutschland verfasst: Die Alpenrepublik erreicht dabei Platz 8 von weltweit 114 untersuchten Ländern. Man attestiert uns hierzulande eine hohe Veränderungs-Bereitschaft, dafür eine weniger solide „System-Performance“.
Österreich hat in der Energiewende den vermeintlichen Musterschüler Deutschland überholt: Im Gesamtranking des erstmals erhobenen globalen Energy Transition Index (ETI) von Weltwirtschaftsforum und der Unternehmensberatung McKinsey belegt Österreich den achten Platz, Deutschland liegt in diesem Ranking nur auf Platz 16.
Besser als Österreich schneiden nur – in aufsteigender Reihenfolge – Großbritannien, die Niederlande, Dänemark, Finnland, die Schweiz, Norwegen und der weltweite Spitzenreiter Schweden ab. Der neue Energiewende-Index ETI wurde in 114 Ländern anhand von 40 Indikatoren ermittelt, wobei die Faktoren „Transition Readiness“ (etwa: „Veränderungs-Bereitschaft“) und „System Performance“ gleich gewichtet wurden.
Beim Indikator „Nachhaltigkeits-Bewusstsein“ und dementsprechend auch beim Kaufverhalten der heimischen Konsumenten positioniert der Energy Transition Index Österreich auf Rang 5 weltweit. Dann aber wundert sich der gelernte Österreicher: Ausgerechnet im Bereich „Veränderungs-Bereitschaft“ liegt Österreich im weltweiten Vergleich des ETI-Indizes sogar auf Platz 5.
Kritische Stimme vom Umweltdachverband
Gregor Danzinger, Experte des Umweltdachverbands (UWD), kommentiert das Ranking folgendermaßen: „Platz 8 von 114 für Österreich im Energiewende-Index – schön wär’s, wenn das eine gute Leistung wäre.“ Ein Blick auf „reale Zahlen“ zeichne ein anderes Bild: Laut aktuellem Bericht des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus (BMNT) bezieht Österreich seine Energie noch immer zu zwei Drittel aus fossilen Energieträgern.
Im Ländervergleich ist Österreich mit Wasserkraft und Biomasse gesegnet – mit diesen werden momentan 33,5 Prozent des Endenergieverbrauchs durch erneuerbare Energieträger bereitgestellt. Laut Österreichs Nachhaltigkeitsministerin Elisabeth Köstinger, die im kommenden Halbjahr auch den Vorsitz der europäischen Energieminister übernehmen wird, wolle man bis zum Jahr 2030 den Erneuerbaren-Anteil auf „45 bis 50 Prozent“ steigern.
Im Elektrizitätsbereich werden aktuell 71,7 Prozent aus erneuerbaren Energieträgern produziert, „was im Ländervergleich tatsächlich ein guter Ausgangspunkt ist“, so Danzinger – „ausruhen kann sich Österreich allerdings nicht darauf.“
WEF und McKinsey sehen das ähnlich: Aufgrund der natürlichen Ausstattung mit reichlich Wasserkraft könnten – im Prinzip – die CO2-Emissionen niedrig gehalten werden, ohne dass dafür so große Investitionen nötig wären wie in anderen Ländern. Im Bereich „System Performance“ befindet sich Österreich folglich nur auf Platz 20.
„#mission2030“ zur Dekarbonisierung Österreichs
Die nunmehr vorliegende Klima- und Energiestrategie des Bundes („#mission2030“) soll die mittel- bis langfristige Zielsetzung Österreichs zur Dekarbonisierung bis 2050 in die Wege leiten.
Umweltministerin Köstinger diesbezüglich zum Anteil der Erneuerbaren: „Bis 2030 wollen wir diesen Anteil auf 100 Prozent erhöhen.“ Zum Vergleich: Deutschland liegt derzeit bei einem Wert von 36 Prozent Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen.
Auch in den anderen Sektoren – also etwa Verkehr, Wärme, Industrie – soll der Anteil Erneuerbarer auf 45 bis 50 Prozent steigen. Experte Danzinger ist vom bisherigen Verlauf der „#mission2030“ allerdings enttäuscht: „Konkrete, verbindliche Maßnahmen und Zuständigkeiten fehlen im Papier komplett, sodass es sich hierbei bisher nur um unverbindliche, politische Meinungsäußerungen handelt.“
Maßnahmen zur zukunftsfähigen Energiewende
Dabei seien, so der Energie-Experte, die wichtigsten Maßnahmen längst bekannt: Zuvorderst müsse der Gesamtenergieverbrauch massiv gesenkt werden – Danzinger: „Aber gerade hier werden nicht einmal die ohnehin niedrigen europäischen Vorgaben betreffend Energieeffizienzsteigerung angepeilt.“
Weiters kritisiert der Umweltdachverband das „Fehlen des Bekenntnisses zur Ökologisierung des Steuersystems als unerlässliche Maßnahme zur Anpassung des staatlichen Förder- und Abgabensystems.“ Ohne Kostenwahrheit und Umsteuerung – sprich: fossilen Energieverbrauch auf allen Ebenen verteuern und Arbeitskosten senken – werde eine zukunftsfähige Energiewende nicht möglich sein.
Wird anderswo über Österreichs Position unter den Top 10 bei der Energiewende weltweit gejubelt, schreibt der Umweltdachverband den heimischen Entscheidern ins Stammbuch: „Ohne die drastische Halbierung des Endenergieverbrauchs ist – auch bei Vollausbau des naturverträglich erschließbaren Potenzials mit Erneuerbaren – der Energiebedarf schlicht nicht zu decken.“
Weiterführend Schmökern
Der Energy Transition Index (ETI) wurde 2018 vom Weltwirtschaftsforum in Kooperation mit der Unternehmensberatung McKinsey zum ersten Mal für 114 Länder erhoben. Die Ergebnisse und Prozentzahlen der Länder im Detail finden sich hier.