(kunid) Um Sparbücher zu finden, für die 3 bis 4 % pro Jahr gezahlt wurden, muss man schon fast in der Mottenkiste graben. Dieses nostalgische Szenario gab es in den 1990er Jahren, als Anleihen sogar noch deutlich mehr Ertrag brachten.

Noch nie war es so schwierig wie heute, die Entwicklung der Zinsen zu prognostizieren. Kommende Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB) frühzeitig zu erkennen und entsprechende Positionierungen in der Vermögensanlage vorzunehmen, ist daher nahezu aussichtlos geworden.

Dies erklärt die Bankhaus Krentschker & Co AG in ihrem jüngsten Marktkommentar zur europäischen Zinspolitik und stellt gleichzeitig fest, dass weiterhin eine längere Periode der tiefen Zinsen bevorsteht. Mit dem Nachsatz: Die Dauer ist ungewiss.

Ein realer Vermögensaufbau kann daher nur mit anderen Finanzinstrumenten gelingen, ist das Bankhaus Krentschker überzeugt.

Die Zinsentwicklung in der historischen Rückschau

Die Hartwährungspolitik der österreichischen Notenbank mit dem damaligen Schilling versprach in einer engen Abstimmung mit der deutschen Notenbank in den 1990er-Jahren größtmögliche Geldwertstabilität. Sparen war attraktiv: Das Kapital vermehrte sich sogar real und galt die Inflation ab, da diese ähnlich war wie heute, nämlich um die 2 % oder knapp darunter.

Mit rund 2,4 % war das Wachstum damals aber ähnlich dem von 2017 und 2018, während für 2019 allerdings bereits eine deutliche Konjunkturabschwächung prognostiziert wird. Seit der Finanzkrise 2009 gab es sogar schon mehrere Jahre, in denen das Wachstum jenem von damals ähnlich und die Inflationsrate ebenfalls mit den 1990er Jahren vergleichbar war.

Nach der Finanzkrise wollte die EZB die Zinsen aber nicht mehr erhöhen, sondern senkte diese schrittweise bis zum heutigen Tag. So erhalten Sparer bei der Bank keine Zinsen und die Banken müssen für Einlagen bei der EZB sogar 0,4 % „Strafzins“ bezahlen.

Der Euro und seine Folgen

Durch die Einführung des Euro in den ersten Jahren des neuen Jahrtausends wurde die Verantwortung für Preisstabilität von allen Euroländern an die EZB nach Frankfurt übertragen.

Die Grundidee bei Einführung des Euros war, dass die gemeinsame Währung die politischen Rahmenbedingungen und damit die wirtschaftliche Entwicklung in den Euroländern mit den Jahren angleicht und diese Harmonisierung zu einem Wohlstandsgewinn für alle in Europa wird. Die Wirklichkeit sieht freilich anders aus.

Die ehemaligen Weichwährungsländer – vor allem in Südeuropa – haben nach der Einführung des Euro plötzlich niedrige Zinsen vorgefunden. Dadurch wurden enorme Investitionen verbunden mit Lohn- bzw. Preissteigerungen in Gang gesetzt: Die Produktivität konnte damit aber nicht mithalten. Diese fatale Entwicklung wurde mit der Finanzkrise schlagartig sichtbar, als diese Länder zum Teil vor dem wirtschaftlichen Kollaps standen, da die Staatsfinanzen völlig aus dem Ruder liefen.

Nur mit vereinten Kräften sowohl im Inneren der Länder durch Innenabwertungen via Lohnverzicht und Massenentlassungen, aber auch durch europäische und internationale Hilfe konnten diese Länder stabilisiert werden. Die EZB sorgte für ein „zinsenloses Europa“ und kurbelte so die Wirtschaft an, da die Sparquote deutlich nach unten ging.

„Dauerbrenner“ Sparbuch ohne Zinsen

Zusätzlich öffnete die EZB die Geldschleusen, indem Sie Anleihen und Wertpapiere in schier unvorstellbarer Milliardenhöhe ankaufte und gleichzeitig damit die Geldmenge für die Wirtschaft massiv erhöhte. Diese „Droge“ wirkt bis zum heutigen Tag.

Die Wirtschaft hat sich stabilisiert, das Wachstum der letzten Jahre war überdurchschnittlich und die negative Realverzinsung (=Zinsen unter der Inflation) trug dazu bei, dass Anlageklassen wie Aktien einen Höhenflug hinlegten.

Doch die Schattenseite dieser Entwicklung ist die dadurch entstandene mangelnde Haushaltsdisziplin südeuropäischen Länder.

„Die Zins-Aussichten für die Zukunft“

Die EZB wird weiter die Droge „billiges“ Geld zur Verfügung stellen müssen.

Neben der allgemeinen Inflations- und Wirtschaftssituation muss die EZB die Schulden und die Produktivität der südlichen Nachbarn genau beobachten. Nachhaltige Zinserhöhungen sind erst dann möglich, wenn die Staatshaushalte dieser Länder entsprechend ihrer wirtschaftlichen Prosperität wieder dauerhaft im Lot sind.

Dies ist auf absehbare Zeit nicht zu erwarten. Und so wird das Sparbuch ohne Zinsen für Europas Sparer noch länger ein „Dauerbrenner“ bleiben.

Mehr denn je dienen andere Instrumente zum Vermögensaufbau: Ihr Berater weiß, wie?s geht.