Der Europäische Gerichtshof hatte darüber zu entscheiden, ob ein Beschäftigter, der sein Arbeitsverhältnis gekündigt hat, Anspruch auf einen finanziellen Ausgleich für noch nicht genommene Urlaubstage hat.

22.8.2016 (kunid) Ein Arbeitnehmer hat in der Regel auch dann einen Anspruch auf eine finanzielle Vergütung für nicht in Anspruch genommenen Jahresurlaub, wenn er selbst das Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung beendet hat. Das hat der Europäische Gerichtshof in einem kürzlich getroffenen Urteil entschieden (Az.: C-341/15).

Ein Beamter der Stadt Wien war auf eigenen Antrag hin mit Wirkung zum 1. Juli 2011 in den Ruhestand versetzt worden. Nachdem er zwischenzeitlich krankheitsbedingt nicht arbeiten konnte, wurde er ab dem 1. Januar 2011 von seinen Aufgaben entbunden, mit der Folge, dass er bis zum Eintritt seines Ruhestandes nicht mehr zum Dienst erscheinen musste. Sein Entgelt wurde ihm in dieser Zeit jedoch weitergezahlt.

Anschließend verlangte der Mann in einer Gerichtsklage eine finanzielle Vergütung für nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub. Denn er sei kurz vor Eintritt des Ruhestandes erneut arbeitsunfähig erkrankt. Der Dienstherr des Klägers wies die Forderung zurück. Er begründete dies mit dem Argument, dass Arbeitnehmer, die von sich aus das Arbeitsverhältnis beenden, indem sie die Versetzung in den Ruhestand beantragen, grundsätzlich keinen Anspruch auf eine derartige Vergütung hätten.

Der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist egal

Zu Unrecht, befand der Europäische Gerichtshof. Wegen noch zu klärender Fragen wies er die Sache gleichzeitig an die Vorinstanz zurück.

In seiner Entscheidung betonte das Gericht, dass Beschäftigte nach den Richtlinien der Europäischen Union grundsätzlich einen Anspruch auf einen bezahlten Mindesturlaub von vier Wochen pro Jahr haben. Dieser Anspruch stelle einen besonders bedeutsamen Grundsatz des Sozialrechts der Union dar und stehe jedem Arbeitnehmer unabhängig von seinem Gesundheitszustand zu.

Das gelte auch in Fällen, in denen ein Arbeitsverhältnis egal aus welchen Gründen beendet werde und es einem Arbeitnehmer deshalb nicht mehr möglich sei, den bezahlten Jahresurlaub tatsächlich zu nehmen. In solchen Fällen würde ein Anspruch in Form einer finanziellen Vergütung bestehen.

Besonderheit

„Daher hat der Umstand, dass ein Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis von sich aus beendet, keine Auswirkung darauf, dass er gegebenenfalls eine finanzielle Vergütung für den bezahlten Jahresurlaub beanspruchen kann, den er vor dem Ende seines Arbeitsverhältnisses nicht verbrauchen konnte“, so das Gericht.

Weil der Kläger in dem zu entscheidenden Fall vor Versetzung in den Ruhestand bei Zahlung voller Bezüge freigestellt wurde, ergibt sich nach Ansicht des Gerichts jedoch eine Besonderheit. In so einem Fall besteht nämlich nur dann ein Anspruch auf einen finanziellen Ausgleich für nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub, wenn der Urlaub wegen einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit nicht genommen werden konnte. Die Vorinstanz hat nun zu klären, ob diese Voraussetzungen im Fall des Klägers vorliegen.

Wie der Fall zeigt, sind sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber nicht immer einig. Arbeitnehmer, die Streit mit ihrem Arbeitgeber haben, können ihr Recht notfalls gerichtlich einklagen. Wer eine Rechtsschutz-Versicherung besitzt, bei der ein Arbeits(-gerichts)-Rechtschutz enthalten ist, entgeht dem Kostenrisiko für Verfahren vor Arbeitsgerichten. Eine derartige Polizze übernimmt nämlich unter anderem die Anwalts- und Gerichtskosten, wenn eine Leistungszusage des Versicherers für den jeweiligen Fall gegeben wurde.