Ob einem Beschäftigten, der auf dem Arbeitsweg noch schnell zum Einkaufen geht und dabei einen Unfall erleidet, Leistungen von der gesetzlichen Unfallversicherung zustehen, zeigt ein aktuelles Gerichtsurteil.

11.5.2015 (kunid) Normalerweise steht ein Beschäftigter nicht nur während der Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit, sondern auch auf dem Weg von Zuhause zur Arbeitsstelle und zurück unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Allerdings gibt es viele Gründe, warum Beschäftigte von ihrem direkten Arbeitsweg abweichen. Ein Gerichtsurteil belegt, wann in diesen Fällen der gesetzliche Unfallschutz besteht und wann nicht.

Ein Beschäftigter ging nach der Arbeit während des Nachhausewegs noch einkaufen. Er bog dazu von der Straße in einen Schrägparkplatz, der zu einem Lebensmittelmarkt führt, ein. Als er nach etwa fünf Minuten aus dem Geschäft kam, ging er über den Parkplatz und rutschte unmittelbar vor seinem Auto auf einer Eisplatte aus.

Er verletzte sich dabei so schwer, dass er ärztlich behandelt werden musste und einige Zeit nicht mehr arbeiten konnte. Nachdem er der Ansicht war, dass es sich hierbei um einen Wegeunfall handelte, forderte er Leistungen von der gesetzlichen Unfallversicherung. Doch diese lehnte ab.

Arbeits- und Wege- oder Freizeitunfall

Der Fall landete schließlich vor dem Obersten Gerichtshof (OGH). Der Verunfallte war der Meinung, dass der gesetzliche Versicherungsschutz durch die von ihm nur geringfügige zeitliche Unterbrechung seines Nachhausewegs durch die private Besorgung nicht verwirkt sei. Doch der OGH wies die außerordentliche Revision gegen die Verneinung des Versicherungsschutzes mangels erheblicher Rechtsfrage zurück und erläuterte in der Gerichtsentscheidung (GZ: 10ObS45/14m) die Rechtslage.

Nach Paragraf 175 Absatz 2 ASVG (Allgemeines Sozialversicherungs-Gesetz) sei nur der mit der Beschäftigung zusammenhängende direkte Weg zur oder von der Arbeits- oder Ausbildungsstätte versichert. Dieser muss in der Absicht zurückgelegt werden, die versicherte Tätigkeit aufzunehmen beziehungsweise nach ihrer Beendigung wieder in den privaten Wohnbereich zurückzukehren. Ausgangs- und Endpunkt des Wegs sei somit der ständige Aufenthaltsort.

Allein oder überwiegend im privatwirtschaftlichen Interesse gewählte Abweichungen vom kürzesten Weg (Umwege, Abwege) seien in der Regel, also mangels besonderer gegenteiliger Umstände, nicht versichert. Dies gilt laut OHG auch auf dem Weg während der Arbeitszeit (einschließlich der Pausen) zwecks Befriedigung lebensnotwendiger Bedürfnisse von der Arbeitsstätte zur Wohnung des Versicherten und zurück.

Einkauf keine Erledigung „im Vorbeigehen“

Ereigne sich ein Unfall nicht auf dem direkten Weg, ohne dass objektive Gründe einen sachlichen Zusammenhang des Abwegs mit der versicherten Tätigkeit herstellen, bestehe kein Unfallversicherungs-Schutz. Der Versicherungsschutz greife nur, wenn der Weg angetreten werde, um die versicherte Tätigkeit auszuüben oder eine Wohnfunktion in Anspruch zu nehmen.

Im genannten Gerichtsfall besteht daher kein Versicherungsschutz, da sich der Unfall auf einer Phase des Wegs ereignete, nämlich beim Einkauf, der ausschließlich eigenwirtschaftlichen (persönlichen) Interessen diente, so das OHG.

Der ausschließlich im persönlichen Interesse des Verunfallten gelegene Einkauf von Lebensmitteln, der die Heimfahrt mit dem Pkw unterbrach und fünf Minuten dauerte, sei keine bloß unerhebliche Erledigung „im Vorbeigehen“ gewesen.

Versicherungsschutz auf Umwegen

Das Vorliegen der Voraussetzungen für einen Versicherungsschutz auf Umwegen (Abwegen) hänge von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab (Rechtssatz: RS0084380): Der „direkte Weg“ werde in der Regel die streckenmäßig oder zeitlich kürzeste Verbindung sein, wobei der Versicherte zwischen im Wesentlichen gleichwertigen Verbindungen frei wählen könne.

Auf einem längeren Weg besteht laut Rechtsprechung nur dann Versicherungsschutz, wenn der an sich kürzeste Weg unter Bedachtnahme auf das benützte private oder öffentliche Verkehrsmittel überhaupt nicht, zum Beispiel wegen einer Verkehrssperre, benutzt werden kann.

Ein längerer Weg kann auch unter dem Versicherungsschutz stehen, wenn anderenfalls die Verkehrssicherheit auf dem kürzesten Weg beeinträchtigt ist oder der Versicherte für die tatsächlich gewählte Strecke entsprechend bessere Bedingungen wenigstens annehmen konnte. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn der kürzeste Weg infolge der Witterungs-, Straßen- oder Verkehrsverhältnisse gefährlicher ist. Für einen allein oder überwiegend im privatwirtschaftlichen Interesse gewählten Umweg, wie dies bei einem Einkauf der Fall ist, gibt es keinen gesetzlichen Unfallschutz.

Rundumschutz

Die Mehrheit der Unfälle sind im Übrigen Freizeitunfälle. Hier greift die gesetzliche Unfallversicherung nicht. Mit einer privaten Unfallversicherung lässt sich jedoch ein fehlender oder unzureichender gesetzlicher Unfallschutz absichern.

Eine solche Polizze gilt rund um die Uhr und weltweit. Sie deckt Unfälle ab, die in der Freizeit und auch während der Berufsausübung passieren. Versicherbar sind unter anderem für den Fall einer unfallbedingten Invalidität eine frei wählbare Kapitalsumme oder/und Rentenleistung.

Mit einer solchen Kapitalsumme wäre es beispielsweise möglich, sein Eigenheim behindertengerecht umbauen zu lassen. Eine Rente könnte mögliche Einkommenseinbußen ausgleichen. Wer eine Einkommensabsicherung nach einer unfall- und auch nach einer krankheitsbedingten Behinderung wünscht, kann sich durch eine private Erwerbs- oder Berufsunfähigkeits-Versicherung absichern.